heute morgen habe ich in einem wunderbaren Buch eine Geschichte gelesen. Mein erster Gedanke war: Die muss ich mit anderen Menschen teilen. Es geht um ein Thema, das uns alle mal mehr und mal weniger angeht: Kritik. Und unser Umgang damit. Etwas weniger wertend können wir es auch als Rückmeldung und Feedback bezeichnen. Dabei können wir zwei Formen unterscheiden: haben wir Feedback gewünscht, danach gefragt oder (und das ist meist das Problem) haben wir ungefragt Feedback bekommen. Im zweiten Fall reagieren viele von uns mit innerem Stress, Ablehnung, manche fühlen sich klein und unterlegen. Ehe man sich versieht, ist man wieder in der (inneren) Kind-Rolle, fühlt sich an seine Kindheit, die Schule erinnert. Hier haben wir ständig ungefragtes Feedback bekommen – oft leider auch unreflektiert. Das hat noch heute bei vielen Menschen Einfluss auf deren Leben. Du kannst ja mal für Dich überlegen: Welcher Satz, welches Wort, welcher Blick aus Deiner Kindheit beeinflusst, beeinträchtigt oder belastet Dich noch heute? Vielleicht möchtest Du Dir das sogar aufschreiben (ja, es gibt tatsächlich welche unter Euch, die sich sehr intensiv mit dem Newsletter beschäftigen und ihre Zeit somit sinnvoll nutzen. Von ihnen bekomme ich regelmäßig Feedback, einige sind sogar schon die besten Klienten der Welt geworden!).
Zurück zu dem Satz, dem Wort oder dem Blick, der Dich immer noch beeinträchtigt oder sogar belastet.
Das Gute ist: Du kannst das verändern. Du kannst den Satz drehen und dann daraus sogar Kraft ziehen. Wenn Du einen hohen Grad an Reflexionsvermögen hast, kannst Du das für Dich alleine machen. Meist ist es aber hilfreicher, wenn Dich eine Person in diesem Prozess unterstützt. Eine Person, die weiß, wie das geht. Im Coaching nennen wir das „Arbeit mit Glaubenssätzen“, aber das würde jetzt zu weit führen.
Unser Verhalten, unsere Aussagen, unsere Ergebnisse, etc. werden durch ungefragtes Feedback von einer anderen Person (meist) bewertet. Das Interessante ist: die andere Person bewertet innerhalb eines ihr bekannten und vertrauten (was nie objektiv sein kann!) Bezugsrahmens. Der Dir vielleicht auch bekannte Philosoph Baruch de Spinoza hat es treffend formuliert:
„Das was Paul über den Peter sagt, sagt mehr über den Paul aus als über den Peter.“
Spinoza wird uns hier noch öfters begegnen. In meiner Recherche für diesen Newsletter habe ich so viele wunderbare Zitate von ihm gefunden. So begründet Albert Einstein sogar sein Gott-Verständnis mit Spinoza. Faszinierend. Wenn Du Dich ausführlicher mit Spinoza und seinen Thesen beschäftigen möchtest, empfehle ich Dir das Buch „Ethik“. Es liest sich nicht „leicht und locker“ bietet aber viel food for thought.
Mir kommt gerade spontan ein Gedanke zu Spinozas Satz: In meinen Respekt-Trainings geht es insbesondere um respektvolle und wertschätzende Kommunikation. Ein bei den Teilnehmern beliebtes Thema ist auch „Klatsch und Tratsch“. Wir kennen es alle aus dem Büro, der Uni, der Schule und auch im Privatleben. Der Gamechanger für die Teilnehmer ist dann, wenn sie den Begriff „Merkmalsübertragung“ kennenlernen. Es ist nämlich in der Tat so: „Wenn man über einen Dritten lästert, schreiben die Zuhörer die negativen Wesensmerkmale dem Sprecher zu.“ Wie das meiste im Leben, passiert auch das zum größten Teil unbewusst. Das heißt also, wenn Du das nächste Mal über eine Deine Chefin, Deinen Kollegen oder einen Freund lästerst, bleibt zumindest ein fader Beigeschmack über Dich beim anderen hängen. Willst Du das?
Zurück zu Spinoza und Deinen Umgang mit Feedback und Kritik. Wie wäre es, wenn Du ehrlich (!) für Dich prüfst, was an der Kritik „dran ist“. Stell Dein Ego für einen Moment auf Seite und prüfe – wenn Du magst – ob Dich zumindest Teile der Kritik nach vorne bringen können. Oder, ob Dein Gegenüber nicht viel mehr von sich redet. Vielleicht hast Du aber in dem Moment auch überhaupt keine Lust auf Feedback und Kritik, weil Du nicht danach gefragt hast. Dann reagiere doch „einfach“ so, wie Buddha in der Geschichte:
In jener Zeit als Buddha noch auf der Welt wandelte, beschließt ein Mann, der viel gehört hat von diesem falschen Propheten, zu ihm zu gehen und ihm in aller Strenge die Leviten zu lesen. Kein bisschen würde er sich beirren lassen von dessen ausgefuchsten Reden, mit denen er den Leuten die Köpfe verdrehte.
Er macht sich also auf den Weg, findet Buddha in einem fernen Tal und beschimpft ihn ausgiebig und unflätig dafür, den Menschen Flausen in den Kopf zu setzen, die Gesellschaft aufzuhetzen.
Buddha schweigt. Hört zu. Sagt nichts. Als der Mann in seiner Tirade nicht mehr weiterweiß, sagt Buddha leise: „Darf ich Sie etwas fragen?“
Der Mann zögert. Ist das eine Falle? Doch schließlich stimmt er grummelnd zu.
„Was“, fragt Buddha, „würdest du tun, wenn jemand dir etwas schenkt, was du gar nicht magst und nicht haben willst?“
Wieder zögert der Mann. „Es zurückgeben“, brummt er schließlich.
Buddha lächelt. „Genau“, sagt er, hebt die Hände, als trage er ein Paket, „und darum gebe ich dir das, was du mir eben überreicht hast, nun zurück.“
Und? Die Geschichte ist gut, oder? Sie stammt aus dem wunderbaren Buch „Der Trost der Schönheit“ von Gabriele von Arnim. Mein Freund und Trainerkollege René Borbonus hat es mir empfohlen. Es ist mein zweiter Buchtipp für heute… Du hast also jederzeit die Wahl, die Kritik (das Paket) zurückzugeben. Du kannst sie auch gar nicht erst annehmen. Und es gibt weitere Strategien, die aber zu sehr ins Detail gehen. Wenn Du richtig mutig bist, dann nimmst Du diesen Teil der Geschichte als Drehbuch:
„Darf ich Sie etwas fragen?“ (dann wartest Du auf die Einwilligung Deines Gegenübers)
„Was würdest du tun, wenn jemand dir etwas schenkt, was du gar nicht magst und nicht haben willst?“ (hier antwortet die Person bestenfalls wie der Mann in der Geschichte)
Dann lächelst Du: „Genau.“
(jetzt tust Du so, als würdest Du ein Paket zurückgeben)
„Und darum gebe ich dir das, was du mir eben überreicht hast, nun zurück.“
In meinen Coachings arbeite ich auch mit Menschen des öffentlichen Lebens. Das Thema „Umgang mit Kritik“ ist für sie sehr wichtig. Wir haben hier heute etwas an der Oberfläche gekratzt. Wenn das Thema auch für Dich Relevanz hat, dann schick mir gerne eine Mail oder sprich mich an. Wir vereinbaren dann einen Termin für ein Kennenlern-Coaching, in dem wir dann auch ganz gezielt auf das Thema eingehen können.
Ich wünsche Dir eine wunderbare Woche, in der Du gewappnet bist gegen ungefragte Kritik!